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Sprachkurse für erwachsene

On parle. Oder zahlt Busse.

Villefranche ist mehr als ein idyllischer Badeort. Im Städtchen an der Côte d’Azur ist auch eine aussergewöhnliche Sprachschule beheimatet. Hier ist jeder einfach «élève» – auch die Prominenz.

Wenn Madame Greco vor die Schüler tritt, ist es vorbei mit mediterraner Beschaulichkeit. Gleich am ersten Tag gibt die Sprachleiterin des Institut de Français den Tarif durch: Wer in den Räumen der wunderschön gelegenen Villa hoch ob der kleinen Meeresbucht den Mund auftut, der spricht französisch. und das nicht nur während den Lektionen, sondern auch beim gemeinsamen Morgen- und Mittagessen. Zuwiderhandlungen werden mit einem Euro bestraft. Das ist besonders hart für den Neuseeländer Sandy oder den Texaner James, denn sie sind blutige Anfänger. Da kann es schon mal vorkommen, dass einer das Portemonnaie zückt, einen Euro hinknallt, um wenigstens für kurze Zeit in seiner Muttersprache zu parlieren.

Tief eintauchen

Insbesondere gestandene Manager oder bekannte Schauspieler wie etwa Kathy Bates, die letztes Jahr das Institut besuchte, müssen sich gewaltig umstellen. Denn die Lehrer sind unerbittlich, korrigieren dich am Laufmeter und nehmen keinerlei Rücksicht auf deinen Status. Nach zwei, drei Tagen ist man nur noch élève und nicht mehr Geschäftsführer oder pensionierter Orthopädieprofessor. Gewöhnungsbedürftig ist auch die Methode, derer sich das Institut bedient. Gewohnt an unsere Schulzeit greift man subito zum Stylo, wenn der Lehrer etwas Neues erklärt. Aber anstatt wohlwollender Blicke fängt man einen Rüffel ein: Wer in Villefranche Französisch lernen will, hat gefälligst in diese Sprache einzu- tauchen. Und das heisst zuhören und nochmals zuhören. Denn so begreift man allmählich nicht nur die Regeln. Den zaghaft formulierten Sätzchen erwächst gar die Chance, auch von einem waschechten Franzosen verstanden zu werden. Und das ist das Ziel der jeweils vier Wochen dauernden Kurse: Die Kommunikation soll markant verbessert werden.

Herzhaft lachen

Spätestens wenn man dann abends bei Madame Betty – natürlich auf französisch – ein offenes Bier oder einen Ballon Roten bestellt und ein anerkennendes Nicken erhält, weiss man, dass man die richtige Schule gewählt hat. Bei einer Bouillabaisse oder einer Quiche Lorraine lässt man dann den Tag Revue passieren. Und kann sich ein weiteres Mal an den zahlreichen Missgeschicken und Anekdoten der vergangenen acht Stunden Unterricht erfreuen. Denn obwohl der Tagesablauf rigide organisiert ist, es höchster Kon- zentration bedarf, kommen die Lachmuskeln nicht zu kurz. Denn die top ausgebildeten Leh- rer sind wahre Meister darin, mit Humor und Schalk den Unter- richt aufzulockern. Wenn beispielsweise Jean Segarra, der Tätschmeister der Fortgeschrittenen II, seine Augen weit auf- sperrt und sich die Mundwinkel verziehen, weiss man, dass bald kein Halten mehr ist.

Neues entdecken

Es ist nicht nur dieser Mix, der einen Aufenthalt im Institut de Français, das seit über 30 Jahren existiert, zum Erlebnis macht. Weil die Eintrittsschwelle bei 21 Jahren liegt und der vierwöchige Kurs relativ teuer ist, begegnet man in Villefranche nicht nur interessierten, sondern auch vielen interessanten Menschen. Aufgedrehte Partyleute, welche sich so nebenbei noch ein biss-chen Sprachunterricht reinziehen wollen, sucht man hier ver- gebens.

Améliorer le français

Kommt hinzu, dass das Völkergemisch gross ist. So läuft man kaum Gefahr, sich mit «Schwiizertütsch» sprechenden Schülern oder Schülerinnen zu verbrüdern. Lieber unterhält man sich mit Eva, die im norwegischen Hamar ein Kulturinstitut leitet, weit gereist und hoffnunglos frankophil ist. Oder man entdeckt beim Pausencafé, dass es sich beim Gegenüber um den angesehenen neuseeländischen Schriftsteller Alain Duff handelt. Die familiäre Atmosphäre, verbunden mit dem grossen Renommee des Instituts haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass zahlreiche Berühmtheiten in Villefranche die Schulbank drückten. So weilte beispielsweise die norwegische Königin Sonja anfangs der 90er-Jahre gleich zweimal hier. Auch zahlreiche internationale Organisationen wie die Unesco, die OECD oder die Weltbank schicken regelmässig Mitarbeiter an die Côte d’Azur. Aber das Schöne an dieser einmaligen Sprachschule ist, dass alle vor den gestrengen Lehrern gleich sind – des élèves qui veulent améliorer leur français.

Gregor Poletti

 

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2. Juni, 2023